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Verjährung von Sexualstraftaten

Wann verjährt eine Sexualstraftat?

Die Frage, wann eine Sexualstraftat wie die Vergewaltigung oder der sexuelle Missbrauch eines Kindes letztlich verjährt, begegnet einem Strafverteidiger in der Praxis häufig.
Ganz so einfach, wie man sich denkt, ist sie aber nicht zu beantworten. Gerade bei Sexualstraftaten möchte der Gesetzgeber, dass diese Taten möglichst lang verfolgt werden können, um somit dem mutmaßlichem Täter den Prozess machen zu können. 

Der Grund hierfür liegt zum einen in dem Umstand, dass es Opfern von Sexualdelikten oftmals sehr schwer fällt über die Taten zu sprechen und eine Verarbeitung der Geschehnisse und der damit verbundenen Offenbarung teils Jahre dauern. Zum anderen trägt er damit dem Umstand Rechnung, dass eine Vielzahl der Opfer in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zum mutmaßlichen Täter stehen und eine Anzeige folglich nicht so einfach erfolgen kann/wird. 

Verjährungsfristen

Die Verjährungsfristen bei Sexualstraftaten sind in der Regel nicht das komplizierte. Diese können problemlos dem § 78 Abs. 3 StGB entnommen werden.

§ 78 StGB


(1) Die Verjährung schießt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.


(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.


(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist


  1. dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
  2. zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
  3. zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
  4. fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünft Jahren bedroht sind,
  5. drei Jahre bei den übrigen Taten.


(4) ...

Beispielhaft beträgt daher die Verjährungsfrist bei einer Vergewaltigung oder eines schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern 20 Jahre.

Problematisch ist bei Sexualdelikten vielmehr der Zeitpunkt, ab dem die oben genannten Verjährungsfristen faktisch zu laufen beginnen. Faktisch deswegen, weil § 78a StGB den Beginn der Verjährungsfrist regelt. Demnach beginnt die Verjährung mit der Beendigung der Tat.


Doch Achtung: Hier kommt eine Besonderheit zu tragen, die schwerpunktmäßig bei Sexualdelikten auftaucht.

Zwar beginnt die Verjährung ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Tat - sie ruht aber sofort bis zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Hier hilft dann ein Blick in die aktuelle Gesetzesfassung unter § 78b StGB. 

§ 78b StGB


(1) die Verjährung ruht


  1. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 180 Abs. 3, §§ 182, 225, 226a und 237,
  2. ...


(2) ...

Dieses Ruhenstatbestand hat in der Vergangenheit schon mehrere Reformen durchlaufen, wobei die Altersgrenze sukzessive vom Vollendung des 18. Lebensjahres auf Vollendung des 21. Lebensjahres und auf aktuell die Vollendung des 30. Lebensjahres hinausgeschoben wurde.


Nach der aktuellen Fassung wird also der Beginn der Verjährung faktisch so lange rausgeschoben, bis das Opfer das 30. Lebensjahr vollendet hat.

Ganz so einfach, wie es auf dem ersten Blick wirken mag, ist die Berechnung aber nicht.


In dem oben erwähnten Beispiel kann das Opfer einer Vergewaltigung oder eines schweren sexuellen Missbrauchs aktuell bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres Strafanzeige erstatten bzw. die Staatsanwaltschaft kann bis zu diesem Zeitpunkt Anklage erheben.


Im Zeitraum zwischen dem 31.07.2013 und dem 26.01.2015 galt die Hemmung der Verjährungsfrist nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, so dass hier eine Anzeige nur bis zur Vollendung des 41. Lebensjahres möglich war.


Im Zeitraum zwischen dem 30.06.1984 und dem 31.07.2013 galt die Hemmung der Verjährung nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, so dass das - um auf das obige Beispiel zurückzukommen - die Möglichkeit einer Anzeige wegen einer Vergewaltigung nur bis zur Vollendung des 38. Lebensjahres möglich war.


Nun kommt aber die Besonderheit:


Im Strafrecht gilt grundsätzlich das sogenannte Rückwirkungsverbot. Dieses besagt, dass es für die Bewertung der Tat unschädlich ist, wie die aktuelle Gesetzeslage ist, sofern sie im Laufe der Zeit geändert wurde. Entscheidend ist die Gesetzeslage zum Zeitpunkt der Tat.



Dieses Rückwirkungsverbot gilt aber gerade nicht bei der Verjährung.


Es ist daher von entscheidender Bedeutung, wann sich die jeweils angebliche Tat ereignet haben soll.


War die Tat zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits verjährt, ist sie sozusagen endgültig verjährt. War sie es eben nicht, gilt die neue Verjährungshemmung rückwirkend für die Tat.

Zur Verdeutlichung nochmal ein kleines Beispiel:


Im Falle einer Vergewaltigung im Jahr 1992 einer über 18 Jahre alten Frau wäre die Tat bereits verjährt, da die damalige Verjährungsfrist 20 Jahre betrug und ab Vollendung des 18. Lebensjahres zu laufen begann. Die Tat wäre daher folglich 2012 (und damit vor der Reform 2013 mit entsprechenden Folgen einer Verlängerung der Hemmung) verjährt. Eine Rückwirkung findet nicht statt, weil die Tat endgültig verjährt war.


Wäre diese Vergewaltigung 1993 geschehen, wäre sie zwar grundsätzlich 2013 verjährt. Zu diesem Zeitpunkt wurde der § 78b StGB aber bereits einer Reform unterzogen, bei der die Hemmung der Verjährung auf die Vollendung des 21. Lebensjahres verschoben wurde. So würde hier dann die Verjährung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Opfers gehemmt und erst ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist von 20 Jahren laufen.


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