Untersuchungshaft
Untersuchungshaft
Wann droht sie?

Sobald es um schwerere Straftaten geht, geistert immer wieder das Wort U-Haft
umher. Viele mutmaßlich Betroffene machen sich Gedanken und haben nachvollziehbarer Weise Sorgen, dass sie festgenommen werden und in Untersuchungshaft kommen.
Doch was ist da eigentlich dran? Welche Voraussetzungen müssen für die Untersuchungshaft überhaupt erfüllt sein?
Nachfolgend möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick über die Voraussetzungen der Untersuchungshaft geben und erläutern, was man gegebenenfalls im Fall der Fälle unternehmen kann.
Vorweg muss verdeutlicht werden, dass die Untersuchungshaft keinen Strafzweck erfüllen soll, sondern lediglich dazu dienen soll, den Fortgang des Strafverfahrens zu sichern.
Voraussetzungen der Untersuchungshaft
Voraussetzung für die U-Haft ist immer ein dringender Tatverdacht
und das Vorliegen eines oder mehrerer Haftgründe. Hinzu kommt, dass die Untersuchungshaft auch verhältnismäßig
sein muss.
Dringender Tatverdacht
Erste Voraussetzung ist das Vorliegen des dringenden Tatverdachtes, wie es § 112 StPO fordert. Für diesen liegt jedoch keine gesetzliche Definitio vor. Von einem dringenden Tatverdacht ist aber nach allgemeiner und gefestigter Ansicht dann auszugehen, wenn nach dem bisherigen vorliegenden Ermittlungsergebnis in seiner Gesamtschau eine erhebliche, hohe oder große Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist.
Liegt nach diesem Grundsatz bereits kein dringender Tatverdacht vor, kann die Untersuchungshaft nicht verhängt werden.
Vorliegen von Haftgründen
Liegt der dringende Tatverdacht vor, ist zusätzlich noch mindestens einer
der in § 112 oder § 112a StPO genannten Haftgründe erforderlich.
Flucht
Der Haftgrund der Flucht besteht, wenn der Beschuldigte flüchtig
ist und/oder sich verborgen hält.
Die obergerichtliche Rechtssprechung, so bspw. das KG in seinem Beschluss vom 20.02.2015 – 4 Ws 20/15, versteht unter der Flucht, dass sich der Beschuldigte von seinem bisherigen räumlichen Lebensmittelpunkt absetzt, um unerreichbar zu sein.
Erforderlich ist also der Wille – so genannter Fluchtwille – , sich dem Strafverfahren dauernd oder zumindest für eine längere Zeit – zu entziehen.
Fluchtgefahr
Der Haftgrund, auf dem in der Praxis wohl die überwiegenste Anzahl der Haftbefehle gestützt ist, ist die Fluchtgefahr.
Die Rechsprechung nimmt diese an, wenn die Würdigung aller Umstände des Einzelfalles es wahrscheinlicher macht, dass sich der Beschuldigte dem Verfahren entziehen als sich ihm zur Verfügung halten werde.
Der Unterschied zur Flucht ist also, dass sich der Beschuldigte dort bereits verborgen hält oder auf der Flucht ist. Bei der Fluchtgefahr hingegen ist der Beschuldigte aktuell noch greifbar, es wird aber damit gerechnet, dass er sich absetzen wird.
Entscheidend ist, dass sich diese Annahme auf bestimmte Tatsachen
stützen muss und nicht nur eine reine Vermutung darstellen darf.
Verdunkelungsgefahr
Ein weiterer bedeutender Haftgrund ist die sogenannte Verdunkelungsgefahr.
Diese wird in der Regel angenommen, wenn das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde auf Beweismittel einwirken und dadurch die Ermittlung der Wahrheit in Bezug auf die dem Haftgrund zugrunde liegenden Taten erschweren.
So zum Beispiel, wenn er Beweismittel vernichtet (hierzu zählt auch die Fernlöschung von Handydaten!)
oder beeinflussend auf Zeugen wirkt. Es ist aber in diesem Zusammenhang inbesondere zu beachten, dass das Verhalten des Beschuldigten nur dann eine Verdunkelungshandlung darstellt, wenn es sich als prozessordnungswidrig und anstößig bzw. unlauter darstellt, so das OLG Köln in einem Beschluss vom 01.06.2017. Ein bloßer Hinweis an den Zeugen auf sein Zeugnisverweigerungsrecht erscheint vor diesem Hintergund nicht prozesswidrig und unlauter, vgl. Hierzu OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 07.05.2010.
Der Haftgrund liegt unter gewissen Umständen dann nicht mehr
vor, wenn der Sachverhalt schon in vollem Umfang aufgeklärt
ist und/oder die Beweismittel durch die Behörden so gesichert
sind, dass der Beschuldigte die Wahrheitsermittlung nicht mehr behindern kann
Tatschwere
Der Haftgrund der Tatschwere kommt im Falle der Schwerstkriminalität
in Betracht.
Dieser hat in der Vergangenheit vielfach durch die juristische Wissenschaft und auch durch Teile der Rechtssprechung als Widerspruch gegen die Unschuldvermutung Kritik erfahren, so dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung BVerfGE 19, 342, sich gezwungen gesehen hat, diesen dahingehend eingeschränkt hat, dass der Erlass eines Haftbefehls nur zulässig ist, wenn Umstände vorliegen, die die Gefahr begründen, dass ohne Festnahme des Beschuldigten die zeitnahe Aufklärung und Ahndung der Tat gefährdet sein könnte.
Wiederholungsgefahr
Der in § 112a StPO genannte Haftgrund der Wiederholungsgefahr erlaubt die sog. Sicherungshaft als vorbeugende Maßnahme
zum Schutz vor weiteren erheblichen Taten, von solchen Tätern, die als besonders gefährlich eingeschätzt werden.
Erforderlich ist der dringende Tatverdacht der Begehung einer Tat des § 112a Abs. 1 StPO.
Nr. 1
erfasst hierbei schwerer Straftaten, die sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung
richten, so beispielsweise der (schwere) sexuelle Missbrauch von der Kindern oder die Vergewaltigung.
Von Nr. 2
werden bestimmte Straftaten erfasst, die der mittleren bis schweren Kriminalität entsprechen und nach der allgemeinen Erfahrung besonders häufig von Serientätern
begangen werden. Exemplarisch hierzu zählt der Betrug, die (schwere) Brandstiftung oder der (schwere) Raub.
Neben dem dringenden Tatverdacht
in Bezug auf eine der Taten der Nr. 1 und 2 ist zwingend noch erforderlich, dass bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass vor der rechtskräftigen Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begangen werden; zudem muss die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich sein.
Erforderlich ist das nur dann, wenn die Umstände eine so starke Neigung des Beschuldigten zu einschlägigen Straftaten erkennen lassen, dass die Gefahr besteht, er werde gleichartige Taten wie die Anlasstaten bis zur rechtskräftigen Verurteilung in der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bildenden Sache begehen.
Verhältnismäßigkeit
Letzte Voraussetzung
der Untersuchungshaft ist die Verhältnismäßigkeit. Selbst wenn bei die ersten beiden Voraussetzungen, d. h. der dringende Tatverdacht und ein Haftgrund gegeben sein sollten, ist es nicht ohne weiteres möglich, die Untersuchungshaft zu verhängen.
Die Entziehung der Freiheit muss zwingend auch verhältnismäßig sein, d.h. sie darf im Hinblick auf die Bedetung der Sache und der zu erwartenden Strafe nicht außer Verhältnis stehen.
Mit anderen Worten bedeutet das, dass nicht bereits bei den kleinsten Bagatelledelikten, wie beispielsweise dem Erschleichen von Leistungen, die Untersuchungshaft verhängt werden kann, da in der Regel die Strafe zu gering sein wird, um eine Entziehung der Freiheit zur Sicherung des Prozesses zu rechtertigen. Die Hürden sind deutlich höher. Hier sollte die Kirche auch mal im Dorf belassen werde.
Sollten Sie oder ein Angehöriger Betroffener der Untersuchungshaft sein, stehe ich Ihnen selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite und unterstütze Sie bei ihren Problemen. Für eine Kontaktaufnahme können Sie mich in akuten Fällen jederzeit auf meine Notrufnummer erreichen. Ansonsten machen Sie gerne telefonisch oder das unten stehende Formular einen Besprechungstermin bei uns in der Kanzlei in Regensburg aus.
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